@ugenblicke 04 – Die eigene Handlungsfähigkeit erhöhen

Stellen Sie sich einmal vor, jemand rät Ihnen, etwas zu tun, was Sie noch nie getan haben: Skilaufen, singen, Computerprogramme schreiben, was auch immer. Wie reagieren Sie? Neugierig, abwehrend, gespannt, zurückhaltend? Und vor allem: Wovon hängt es ab, wie Sie reagieren?

Meine Vermutung ist: Es muss die für Sie richtige Mischung aus Attraktivität und subjektiver Machbarkeit zustande kommen, damit Sie sich einem solchen Vorschlag öffnen können und wollen.
Ich möchte hier Ihr Interesse auf den zweiten Aspekt lenken: wann wir etwas für machbar, durchführbar, bewältigbar halten. 

Oft höre ich von Leuten, die etwas zum ersten Mal machen sollen: „Das kann ich nicht/klappt bei mir nicht“, „hab ich noch nie gemacht“, „ist mir zu groß/zu hoch“ und ähnliches.

Der Hauptgrund für solche Reaktionen ist der Irrglaube, etwas zu tun bedeute auto-matisch es

  • gleich,
  • beim ersten Mal richtig,
  • vollständig,
  • fehlerfrei,
  • perfekt zu tun.

Dabei geht es doch bei jedem Neuanfang um Versuche, um Rückkoppelungen über Erfolg oder Misserfolg, um Lernen!

Das ist ein Prozess, bei dem wir unseren Kindern immer erklären, dass er Zeit braucht, Geduld und Durchhaltevermögen. Dasselbe gilt auch für uns (mehr oder minder) Erwachsene – auch wenn wir alte Gewohnheiten ändern oder anpassen möchten.

Was uns dabei helfen kann, uns Neuem entspannter anzunähern, es auszu-probieren und herauszufinden, was für uns hilfreich und erfreulich sein kann, ist unter anderem eine bestimmte Art, über uns und unser Verhalten nachzudenken.

Das fängt damit an, dass wir uns künftig angesichts einer neuen Möglichkeit nicht mehr fragen, ob wir das tun können, sondern

  • wie wir
  • was davon,
  • in welchen Teilschritten
  • versuchen können

– ohne das alte Schwarz-Weiß-Denken von Entweder-Oder, wie zum Beispiel: „Ent-weder kann ich das sofort und zwar richtig oder eben nicht – dann hat es keinen Sinn und Wert/lass ich’s halt bleiben“.

Wir können die Neuerung auch damit erleichtern, dass wir bewusst unsere uner-wünschten, nach eigener Ansicht änderungsbedürftigen Verhaltensanteile in der Zeitperspektive betrachten mit der Feststellung „in der Vergangenheit habe ich…“. Damit wird uns selber deutlicher, dass nur, weil wir bisher etwas in einer bestimmten Art und Weise gemacht haben, wir nicht dazu verdammt sind, es immer weiter so zu tun.
Stattdessen können wir uns fragen: „Was davon möchte ich weiterhin genau so tun – und welchen Teil kann und will ich abwandeln oder ganz lassen?“

Ein weiterer Ansatz, um uns Veränderungen zu erleichtern, besteht in der Betrach-tung unserer Verallgemeinerungen: „Immer esse ich mehr als mir gut tut…“, „Sport hat bei mir noch nie geklappt…“ sind Generalisierungen, die ebenso falsch wie hin-derlich sind.
Wenn wir statt dessen formulieren „wenn ich müde und traurig bin, esse ich manch-mal mehr als mir gut tut“ oder „als ich angefangen habe zu joggen, konnte ich nur wenige Meter am Stück durchlaufen“, trifft das die Fakten wesentlich präziser.

Das Ergebnis ist, dass wir uns mehr auf unsere realen Möglichkeiten konzentrieren und uns zu ermutigenden Versuchen und kleinen Schritten auf unserem Weg moti-vieren, statt uns durch unrealistische Verallgemeinerungen zu blockieren.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß und Erfolg dabei, Ihr/e eigene/r Lehrer/in zu sein – mit aller liebevollen Geduld, Beharrlichkeit und Nachsicht, die dafür nötig sind.

Herzliche Grüße,

Ihre Jutta Nather

Angeregt durch: Prior, Manfred: MiniMax-Interventionen – 15 minimale Interventionen mit maximaler Wirkung, Carl-Auer-Systeme-Verlag, Heidelberg 2002, 95 Seiten, ca.12 €

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